7.1 DIE LINKE (Eilantrag) - Entscheidung über den Einwohnerantrag vom 18.09.2013 zur Weisung an die Vertreter der Stadt Bernau bei Berlin in der Verbandsversammlung des WAV "Panke/Finow"
Frau Gaethke macht nochmals darauf aufmerksam, dass die Tagesordnung um diesen TOP erweitert worden sei. Da vorher über die Zulässigkeit der einzelnen Punkte des Einwohnerantrages abgestimmt wurde, könne nun nur noch über Punkt 2 des Antrages beraten und entschieden werden.
Frau Dr. Enkelmann beantragt, dass eine Vertrauensperson des Einwohnerantrages diesen begründet.
Herr Handke ergänzt, dass zu diesem Beschlussvorschlag auch eine Stellungnahme der Verwaltung verteilt werde, damit alles seine Richtigkeit habe. Man habe diese vorsorglich vorbereitet, da der Dringlichkeitsantrag schon im Vorfeld angedeutet worden sei.
Frau Gaethke erteilt Herrn Neue, der Vertrauensperson des Einwohnerantrages, das Wort. Es handelt sich um eine Anhörung.
Herr Neue bedankt sich für die Möglichkeit, den Standpunkt der Bürgerinitiative (BI) in dieser Runde vortragen zu dürfen. Vorab möchte er anhand verschiedener Gesetze, den rechtlichen Standpunkt der BI klar machen. Er nennt:
- das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes: Abgaben zum Vorteilsausgleich dürfen nicht zeitlich unbegrenzt nach der Erlangung des Vorteils festgesetzt werden.
- das Urteil des Verwaltungsgerichtes Cottbus: (Feststellung dass das KAG Brandenburg nicht rechtssicher ist). Nach Ansicht der BI erfolgt die Ansicht, dass die Satzung auch nicht rechtssicher sei.
- den Einigungsvertrag: Hier geht man von einem einmaligen Beitrag bei Erlangung eines Vorteils (hier: Ausschluss) aus.
- das Grundgesetz: Es erschließt sich für die BI nicht, wie der Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes nur innerhalb der Gruppe von Nutzern gelten könne, die ein Grundstück haben.
- die Anfrage der BI an das Innenministerium zur Zulässigkeit auf Umstellung auf Gebühren: Dies sei für rechtens erklärt worden und könne als Brief und Antwort von der BI weitergegeben werden.
Als nächstes kommt er zur Frage der gerechten Lastenverteilung zwischen Mietern und Hausbesitzern.
Bei einem reinen Gebührenmodell würden beide, bei einer Mengengebühr von 0,33 Cent beim Trinkwasser und 1,05 Euro beim Abwasser, mehr belastet werden. Beim Beitragsmodell hingegen würden nur Eigenheimbesitzer mit mehreren tausend Euro belastet werden, was auch zu sozialen Härten führen würde, bis hin zum Verlust des Eigenheimes. Festzustellen bleibt, dass der Verband nicht die Aufgabe habe, für sozialen Ausgleich zu sorgen. Dies sei in keinem Gesetz verankert. Er erläutert, dass Mieter hinsichtlich der Grundgebühr wesentlich weniger belastet werden als Hauseigentümer, da diese sich eine Wasseruhr über die Betriebskosten teilen.
Er definiert die Nachteile des Beitragsmodells folgendermaßen:
Der Vermieter habe die Kosten zu tragen und könne die Belastung durch die Beiträge nach mehreren Jahren wieder reinholen. Andere Vorhaben wie z.B. Wärmedämmung, die den CO2 Ausstoß senken solle oder andere ökologische Vorgaben, müsse man zurückstellen. Die Zinsen führen zur Erhöhung der Kosten für die Mieter. Der Mieter müsse die Kosten dann über eine höhere Grundmiete tragen. Er habe keine aktive Einflussmöglichkeit auf diese Kosten. Beim Eigenheimbesitzer werde festgestellt, dass das alleinige Tragen der vollen Kosten, gerade für Rentner, die noch keine Steuern zahlen, eine sehr große soziale Härte darstelle. Sie seien auf die Stundung des Verbands angewiesen, weil sie von der Bank aufgrund ihres Alters häufig keinen Kredit mehr bekämen. Man müsse einen zusätzlichen Stundungszins von 6 % aufbringen und verliere bei Nichtbezahlung möglicherweise sein Grundstück oder Teile davon im Grundbuch. Bei Unternehmen und im Mittelstand würden Einnahmeverluste aufgrund der sinkenden Kaufkraft einhergehen. Der Geldumlauf mindere sich, wodurch auch andere Ausgaben für Dienstleistungen reduziert werden. Verluste von Arbeitsplätzen sowie Standorte, die für Investoren unattraktiv werden, seien weitere Nachteile. Herr Neue erinnert dabei an die Firma Weber Motor, die durch die Altanschließerbeiträge ad absurdum geführt worden sei. Moralisch betrachtet sei das Beitragsmodell äußerst bedenklich, da damit eine Veranlagung der Grundstückseigentümer mehrere Jahrzehnte nach der Erschließung, ein zweites Mal geltend gemacht werden könne. Jede Leistung und jedes Produkt werde mit einer einmaligen Zahlung abgegolten, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Der Verbraucher sei dann den Forderungen ausgeliefert und ein Großteil der Betroffenen verfüge nicht über die finanziellen Mittel, sich juristisch wehren zu können. Das Vertrauen in die kommunale Politik und in die kommunale Verwaltung sei sehr beschädigt. Die Eintragung einer Grundschuld in das Grundbuch mit einem Wucherzins werde als äußerst moralisch verwerflich beurteilt. Die stückweise Enteignung und Vertreibung der Betroffenen von ihren Grundstücken könne man nur mit großem Beschämen zur Kenntnis nehmen. Die Verjährung werde durch eine nicht gesetzeskonforme Satzung ausgehebelt. Herr Neue bittet deshalb darum heute gesetzeskonform, menschlich und vor allem gerecht zu entscheiden.
Frau Gaethke gibt den Stadtverordneten die Möglichkeit, Fragen an Herrn Neue zu stellen:
Bernau sei ein Standort mit vielen Gesundheitseinrichtungen, so Herr Blümel und er habe als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses zu den größeren medizinischen Einrichtungen Bernaus Kontakt aufgenommen und von denen Zahlen im sechsstelligen Bereich pro Einrichtung bekommen, die er aber in dieser Sitzung nicht öffentlich nennen möchte. In den Einrichtungen werde es als beträchtliches Problem angesehen, sollte man sich für das Gebührenmodell entscheiden. Er möchte von Herrn Neue wissen, welche negativen Auswirkungen dieses auf die Wirtschaft hätte bzw. welche Erhebungen dazu durchgeführt wurden und ob er Zahlen nennen könne.
Herr Neue stellt, auch als Mitarbeiter des hiesigen Krankenhauses klar, dass das Krankenhaus, die Brandenburgklinik und auch andere medizinische Einrichtungen durch die Krankenkassen finanziert werden und nicht durch die Bernauer. Zu der Frage der negativen Auswirkungen könne er sagen, dass auf der Website der Bürgerinitiative täglich Meldungen über Nachteile in den Gewerbebetrieben z.B. durch Absenkung der Auftragszahlen eingehen.
Auch sei eine Zurückhaltung der betroffenen Bürger (größter Auftraggeber in der mittelständischen Wirtschaft) durch den erhöhten Kapitalabfluss zu verzeichnen. Dadurch gehe natürlich auch die Auftragslage enorm zurück. Dies könne man auch den Zeitungen entnehmen. Diese Situation betreffe alle angebundenen Gemeinden bis Melchow.
Herr Goral informiert, dass, aufgrund der Initiative von Herrn Neue, am 21.10.2013 ein runder Tisch bei Pfarrer Gericke mit dem Ergebnis stattgefunden habe, weiter miteinander zu kommunizieren und eine Kommission zu bilden. Mit dem jetzigen Beschlussantrag jedoch würde man alles unwirksam machen, so auch die Bildung einer Arbeitsgruppe. Wäre es deshalb nicht klüger, den Antrag zurückzuziehen und in einer Arbeitsgruppe über das eigentliche Ziel, einen Kompromiss zu finden, zu beraten? Des Weiteren möchte Herr Goral von Herrn Neue wissen, wie er auf seine Zahlen komme, da diese rein rechnerisch gar nicht möglich seien. Er komme auf 1,50 Euro und belegt dies anhand eines Rechenbeispiels. Er bittet um die Beantwortung der Frage.
Herr Neue erläutert die durchschnittliche Gebührenerhöhung anhand des Beispiels einer Person in einer Neubauwohnung und verweist auf das Wibera Gutachten. Herr Neue stellt erneut die Frage, was besser wäre: Wenn sich alle Eigenheimbesitzer mit mehreren Tausend Euro verschulden oder eine moderate Gebührenerhöhung für alle Verbraucher? Zum Einwohnerantrag möchte er stellvertretend sagen, dass der Antrag als Gesamtantrag gesehen werde und verweist auf die Beispiele Rheinsberg oder Mahlow, wonach es auch möglich sei, ein Modell zurückzuziehen. Dies sei auch kein Gesetzesverstoß, sondern gehe folglich mit einer finanziellen Belastung des Verbandes einher. Es stelle sich also weiter die Frage, welches Modell das Gerechtere sei.
Herr Goral bittet noch um die Beantwortung seiner Fragen zum runden Tisch und der Arbeitsgruppe.
Herrn Neue sei noch unklar, wie sich der Arbeitskreis zusammensetzen solle. Und da die Beitragsbescheide ja bereits verschickt worden seien, wisse er nicht so recht, was ein Arbeitskreis noch erwirken könne. Stattdessen könne man auch den Einwohnerantrag heute beschließen und gerecht und menschlich aus diesem Gremium herausgehen.
Frau Dr. Enkelmann möchte wissen, ob Herr Neue in Bezug auf andere Kommunen, die bereits auf Gebühren umgestellt haben, von Erfahrungen hinsichtlich der Rückzahlung berichten könne. Die zweite Frage sei, ob er etwas über den Umgang der Genossenschaft "Einheit" in Bezug auf die Altanschließerbeiträge wisse, da die Genossenschaft ihren Mitgliedern die Mieterhöhung nahegelegt habe, um die Beiträge zahlen zu können. Kenne er weitere Beispiele?
Herr Neue antwortet, dass allgemein bekannt sei, dass private Vermieter und Genossenschaften wirtschaften müssen und die Finanzdecke in den neuen Bundesländer nicht besonders hoch sei. Und deshalb können die Liquiditätsprobleme nur durch Mieterhöhungen begrenzt werden. Zudem bestehe aber auch durch den Stopp der Sanierungsmaßnahmen ein ökonomisches Problem. Er verweist auf die GeWaWo. Auf die zweite Frage von Frau Dr. Enkelmann antwortet Herr Neue, dass Rheinsberg ad hoc die Rückzahlungen problemlos vollzogen habe. Abschließend weist er daraufhin, dass in Brandenburg ca. 45% der Abwasserverbände das Gebührenmodell nutzen und die anderen ca. 55% das Beitragsmodell.
Frau Richter bedankt sich für den Vortrag von Herrn Neue. Sie weist daraufhin, dass sie zu ihrer Meinungsbildung nicht nur die MOZ nutze, sondern sich auch mit Urteilen beschäftige bzw. bestimmte Dinge hinterfrage. Wenn man nun also behaupte, dass die Umstellung des Beitragsmodells auf das Gebührenmodell leicht wäre und sich dabei auf die Gemeinde Mahlow beziehe, müsse man aber auch erwähnen, dass diese Umstrukturierung nur im Trinkwasserbereich stattgefunden habe und nicht im Schmutzwasserbereich.
Sie stellt folgende Fragen an Herrn Neue:
Wie stehen Sie dazu, dass die Kosten bzw. Anschlussbeiträge, die die Grundstückseigentümer außerhalb von Bernau zurück erstattet bekämen, dann von den Bernauer Bürgern zu tragen seien? Wie stehen Sie dazu, dass zur Rückzahlung von Altanschließerbeiträgen, dem Stopp der Altanschließerbeiträge und der Rückzahlung für die Neuanschließer Kredite aufgenommen werden müssen?
Wie stehen Sie dazu, dass Wohnungseigentümer, die nach der Wende ihr Wohnungseigentum von Bauträgern gekauft und an diese Anschlussbeiträge gezahlt haben, diese wahrscheinlich nicht mehr zurückbekommen?
Die wesentliche Frage beziehe sich auf den sofortigen Beitragsstopp und darauf, dass man damit die Altanschließer zweiteilt, nämlich in die, die gezahlt haben und in die, die nicht zahlen müssen. Die Frage sei, wie Herr Neue dazu stehe, dass die Altanschließer gegebenenfalls eine gebührenseitige Nachbelastung bekämen, da sie ja in den Jahren von den Gebühren profitiert haben? Sie bezieht sich auf das Wibera-Gutachten.
Herr Neue entgegnet, dass es ein Bundesgerichtsurteil gebe, dem sich alle zu unterwerfen haben.
Frau Richter möchte wissen, welches Gesetz genau er meine.
Herr Neue antwortet, dass es sich um das Urteil vom März 2013 (1 BVR 2457/08) handle.
Herr Hellmund erinnert an die vorletzte SVV, in der Altanschließer durchaus eine Bereitschaft gezeigt haben, einen gewissen Nachtrag zu bezahlen. Sie fanden nur die Höhe unsachgemäß. Diese Bereitschaft konnte er auch durch Zeitungsartikel bzw. verschiedene Gespräche feststellen. Er möchte wissen, ob in der BI überhaupt jemals darüber diskutiert wurde, dass ein gewisser Teilbetrag als Beitrag zu zahlen durchaus denkbar sei, verbunden mit einer moderaten Erhöhung der Gebühren für Wasser und Abwasser.
Herr Neue erwidert, dass selbstverständlich darüber diskutiert wurde und man davon ausgehen könne, dass die Grundstücksbesitzer bereit seien, einen moderaten Beitrag zu zahlen. Allerdings müsse dies auf einer gerechten Basis geschehen, denn weder die SVV, noch der Zweckverband haben das Recht sozial zu verteilen. Fakt sei, dass die Eigenheimbesitzer schon eine Belastung über ihre Grundgebühr zahlen, wohingegen die Mieter die Belastung untereinander aufteilen. Selbstverständlich müsse man Kompromisse finden und es werde sich auch keiner sperren, einen moderaten Beitrag zu zahlen. Aber eben moderat. Er bittet darum wieder das Vertrauen in die Politik bei den Bürgern herzustellen.
Herr Nickel weist daraufhin, dass sich keiner der Anwesenden "die Hände reibe". Es habe auch keiner in dieser Runde Schuld an dieser schwierigen Situation. Er erläutert, dass sich der Verband in den neunziger Jahren für dieses Modell entschieden habe. Damals gab es die leidvolle Geschichte der Verjährungsfristen noch nicht. Er könne den Unmut, sich ungerecht behandelt zu fühlen nachvollziehen. Er möchte von Herrn Neue wissen, ob sich dieser angesichts der Tatsache, dass ja alle Bernauer betroffen seien, vorstellen könne, eine Befragung mit allen Bernauern durchzuführen.
Herr Neue antwortet, dass man die Bernauer nicht nach der Durchsetzung von Bundesgesetzen zu befragen brauche, diese habe man zu befolgen. Das Innenministerium habe ganz klar geschrieben, dass man zwischen dem Gebühren- bzw. den Beitragsmodell frei wählen könne.
Herr Nickel fragt erneut, ob Herr Neue sich die Befragung aller Bernauer Bürger vorstellen könne.
Herr Neue wüsste nicht, wozu man die Bürger befragen solle. Etwa nach der Gültigkeit von Bundesgesetzen? Dies halte er für abstrus.
Herr Althaus höre heute zum ersten Mal von einer Kompromissbereitschaft. Er nimmt nochmals Bezug auf die Gesundheitseinrichtungen in Bernau und stellt fest, dass diese Einrichtungen durch die höheren Wasserpreise doch erheblich belastet würden. Die Krankenkassen zahlen nur nach Pflegesatzverhandlung. Und verlaufen diese negativ oder reichen nicht aus, weil z.B. die Wasserpreise zu hoch seien, so sei der Standort eines Krankenhauses gefährdet.
Herr Neue erwidert, dass Krankenhäuser heutzutage nach einer Pauschale finanziert werden. Er weist daraufhin, dass das Krankenhaus in Bernau sowie die Brandenburgklinik erhebliche Gewinne abwerfen und man sich dort keine Sorgen zu machen brauche.
Herr Blümel spricht Herrn Neue darauf an, dass sich dieser auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes und des Verwaltungsgerichtes Cottbus bezogen habe, wonach die Erhebung der Altanschließerbeiträge unzulässig seien.
Und wenn dem so wäre, hätte man doch die besten Möglichkeiten, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens Recht zu bekommen. Dies würde dazu führen, dass eine Leistungspflicht nicht mehr bestünde und alles könne bleiben wie bisher. Das wäre für alle Beteiligten besser, da dann ein relativ niedriges Niveau an Wasser- und Abwassergebühren bestünde. Er möchte wissen, wie ernsthaft die Rechtsfrage geprüft wurde und welche Erfolgsaussichten bestünden.
Herr Neue antwortet, dass das von ihm zitierte Urteil darauf abziele, dass sich die Forderungen in einer annehmbaren Zeit verflüchtigen. Am Beispiel des bayrischen Klägers habe es sich um zehn Jahre gehandelt. Er weist daraufhin, dass sein Anschluss mittlerweile vierzig Jahre alt sei. Er stelle mit großem Bedauern fest, dass man sich nur darauf verlassen könne, mit Prozessen und Prozessgemeinschaften, sowie mit Musterklagen das Unrecht feststellen zu lassen. Leider habe er das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nicht dabei, um es zu zitieren. Aber es existiere und man würde sich darauf berufen.
Herr Hollmann bezieht sich ebenfalls auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, wonach auch die Verjährungsfrist nicht beliebig und unnötig hinausgezogen werden könne. Er möchte wissen, inwiefern noch Belastungen auf die Kommune zukommen, sollten Herrn Neue´s Berechnungen stimmen. Im Modell 2A kämen auf die Kommunen Einmalzahlungen in Höhe von 10 Mio. Euro Belastung zu. Wie sähe es bei Herrn Neues Modell aus?
Herrn Neue entgegnet, dass man das Modell 2A herangezogen habe und wie man dies mit ganz einfacher Mathematik berechnen könne.
Frau Richter stellt mit großer Freude fest, dass man sich darüber einig sei, eine Entscheidung zu treffen, ob man vom Beitrags- auf das Gebührenmodell umstellen wolle. Aber dabei reiche es nicht aus, sich nur auf ein Urteil zu beziehen. Sie erinnert an ihre Fragen und möchte wissen, wie man die Neuanschließer schützen wolle bzw. wie man die Beiträge, die an Nichtbernauer gehen, auf die Mieter umlegen wolle. Sie bedankt sich zudem bei Herrn Neue, der hier zur Klärung beitrage.
Herr Neue möchte korrigieren, dass es nicht nur um Bernau gehe, sondern man auch an die anderen Gemeinden im Verbandsgebiet (Melchow, Biesental und Rüdnitz) denken solle.
Frau Richter stellt klar, dass man sich hier aber in der SVV von Bernau befinde und man deshalb auch nur über die Geschicke von Bernau befinden könne. Die anderen Gemeinden obliegen der Entscheidung der Verbandsversammlung.
Herr Neue entgegnet, dass Bernau 80 % im Zweckverband halte und somit die SVV Bernau ein 80 %iges Weisungsrecht an den WAV habe.
Frau Reimann bedauert, dass nach so langer Zeit ein Urteil erschienen sei, welches viele Dinge umwerfe. Niemand der Stadtverordneten und auch nicht der Zweckverband seien davon begeistert. 20 Jahre lang seien Beiträge zum Erschließen von Grundstücken erhoben und auch entrichtet worden, sobald man Leitungen verlegt habe und niemand sei damals deswegen auf die Barrikaden gegangen. Dadurch seien die Gebühren auch entsprechend niedrig gewesen. Auch deshalb stehe der Verband bzw. die Stadt Bernau gut da.
Und auch Herr Neue habe gesagt, dass es Sache der Verbandsversammlung und nicht der einzelnen Gemeinden sei, über verschiedene Dinge zu entscheiden. Zum Teil habe man aber jetzt Dinge auf dem Tisch, die die SVV nicht zu verantworten habe. Die SVV habe nur die Verantwortung dafür zu sorgen, dass die Alt- und Neuanschließer gleichgestellt werden. Man habe immer nach Wegen und Kompromissen gesucht. Es werde auch keinen kompletten Erlass/Verzicht auf Altanschließerbeiträge geben, wenn die Neuanschließer nicht dementsprechend behandelt werden. Sie möchte abschließend wissen, wo sich Herr Neue in der Vergangenheit befunden habe, als andere darunter gelitten haben, Beiträge zu zahlen, die auch der Allgemeinheit zu Gute gekommen seien?
Herr Neue antwortet, dass man zweierlei unterscheiden müsse. Da gibt es zum einen den Neuanschließer, der ein Haus/Grundstück plant und kauft und Risiko und Finanzierbarkeit abwägen könne und zum anderen den Altanschließer, der seit 50 Jahren in seinem Haus lebt und nun durch eine Forderung zum zweiten Mal überzogen werde. Und genau dies stelle die Hauptungerechtigkeit dar.
Die BI betrachte aber auch insgesamt kritisch, dass man zu überzogenen Beiträgen herangezogen werde, denn Wasser stelle eine Lebensgrundlage dar. Herr Neue empfindet es als verwerflich, wenn man mit Satzungsänderungen die Verjährungsfristen immer wieder öffne und durch Geschosshöhen, sowie der Beendigung der Tiefenbegrenzung verschiedene Formeln anwende, um Neuanschließer zum zweiten Mal zur Zahlung von Beiträgen heranzuziehen. Dies sei verfassungswidrig und mache die Bürger zornig.
Frau Reimann weist daraufhin, dass es nicht um die Leute gehe, die neu gebaut haben, sondern genau um die, die seit 20 bis 30 Jahren in einer Straße wohnen. Sie möchte wiederholt wissen, wo Herr Neue damals war.
Herr Neue sagt, dass es um das zweimalige Belasten der Bürger gehe. Einmal haben die Altanschließer damals im Volksvermögen einen Beitrag geleistet und werden jetzt wiederholt in Anspruch genommen. Aber auch die Neuanschließer werden durch die Satzungsänderung zum zweiten Mal in Anspruch genommen. Und genau dies wurde als Unrecht erkannt und solle bekämpft werden. Zur Frage wo er sich damals befand, könne er keine Antwort geben. Er könne lediglich sagen, dass er für die Erschließung seines Grundstücks im Jahre 2003 gezahlt habe und dies nun wieder tun soll. Und das verstehe er nicht.
Herr Gemski lobt Herrn Neue dafür, dass er sich in diesem Gremium wacker schlage und bedankt sich dafür. Er möchte wissen, ob er recht in der Annahme gehe, dass große Chancen auf Erfolg bei den Gerichten bestehen, wenn diese Klagen fortgeführt würden? Gehe er außerdem recht in der Annahme, dass die Gelder, die angeblich aus der Stadt Bernau herausfließen, möglicherweise an Kinder und Kindeskinder von Bernauer Bürgern gehen, die in den letzten Jahren ihre Grundstücke, aufgrund der wirtschaftlichen Lage verlassen haben und somit ihren Kindern und Enkeln ihre Grundstücke sukzessiv übertragen haben?
Herr Neue antwortet, dass es Bernau nicht nötig habe, die Menschen in Prozesse zu stürzen oder sie auf Grundlage des VDGN zu Prozessgemeinschaften zu zwingen. Man könne eine gerechte Entscheidung treffen und den Bürgern das Prozessieren ersparen. Setze man den Kapitalabfluss, der nach außerhalb (z.B. nach Süddeutschland) gehe, ins Verhältnis zu den hier wohnenden Bürgern, könne er die Frage ganz schnell zugunsten des Gebührenmodells beantworten.
Herr Nickel präzisiert seine vorherige Frage. Er möchte wissen, ob Herr Neue sich vorstellen könne, dass die Stadtverordneten allen Bürgern dieser Stadt in einer Befragung folgende Frage stellen: "Sind Sie für ein Gebührenmodell oder sind Sie für ein Beitragsmodell?" Und ob er dann auch bereit wäre, sich diesem Votum zu unterwerfen und das entsprechende Modell, mit all seinen Vor- und Nachteilen, auf den Weg bringen.
Herr Neue habe nichts gegen eine Befragung der Bürger. Herr Nickel könne Flyer verteilen, Bürger befragen usw. Er erinnert daran, dass man gerade 8.800 Unterschriften eingeholt habe. Sei dieses Votum nicht namhaft? Bei einer Befragung sollte man dann aber auch das gesamte Verbandsgebiet mit einbeziehen.
Die Anhörung endet um 18.12 Uhr. Frau Gaethke bedankt sich bei Herrn Neue.
Herr Beyer stellt den Geschäftsordnungsantrag auf eine Pause von 10 Minuten. Dem wird mehrheitlich zugestimmt.
Es folgt eine Pause (18.15 – 18.25 Uhr).
Frau Gaethke setzt die Sitzung fort.
Herr Handke bedankt sich, dass über die einzelnen Punkte abgestimmt wurde und ihm somit die Gelegenheit gegeben wurde, Punkt 2 zuzustimmen. Er denkt, dass dies eine gute Entwicklung in der Sache sei.
Für Herrn Beyer haben sich nach der bisherigen Diskussion noch mehr Fragen aufgetan. Auch die Anhörung war für ihn wenig aufschlussreich. Er schließt sich Herrn Nickel an und würde eine gesamte Bürgerbefragung hinsichtlich des Einwohnerantrages für gerecht halten.
Frau Keil sagt, es sei keine leichte Situation und sie halte es für immer schwieriger, in dieser Sache die Meinung zu vertreten. Dem Einwohnerantrag könne sie nicht zustimmen, denn sie halte es für den falschen Weg, die gesamte Infrastruktur der Regionen über Gebühren zu finanzieren. Man habe bis heute um Lösungen gerungen. Sie erinnert an den Antrag im August, der abgelehnt wurde. Sie sei nach wie vor für eine Beitragsregelung. Man sollte dabei jedoch den gesamten gesetzlichen Spielraum überprüfen und nutzen, um die Beitragsberechnung neu zu regeln. Ihre Fraktion sei immer zu Gesprächen bereit. Man verstehe die Situation der betroffenen Menschen und setze große Hoffnung in eine Satzungsänderung. Abschließend möchte sie noch mit auf den Weg geben, dass Hass ein schlechter Ratgeber sei.
Herr Gemski glaubt nicht, dass Hass hier eine Rolle spiele. Viel wichtiger sei, wie man zukünftig mit der Gesamtproblematik umzugehen habe. Und egal, welche Entscheidung man treffe, müsse eine Arbeitsgruppe gebildet werden. Und auch wenn man immer von über 30 Mio. Euro spreche, dürfe man nicht vergessen, wie erfolgreich der Verband in den letzten Jahren gewesen sei. Deshalb finde er es fragwürdig, warum ein solcher Verband nun gerade auf diese Finanzierungsvariante zurückgreifen möchte. Der Verband habe Rücklagen. All das sollte mit berücksichtigt werden. Die Arbeitsgruppe trage somit eine große Verantwortung.
Der Bürgermeister selber habe den Vorschlag gemacht, die Bürger der Stadt zu befragen. Dies habe Herr Gemski zwar als sehr positiv aufgenommen, halte es aber für sehr kompliziert, hier eine formelle Befragung durchzuführen. Besser wäre doch, ein eindeutiges Votum für die Bürger der Stadt abzugeben.
Er bittet zu bedenken, dass die heute zu treffende Entscheidung sehr zukunftsträchtig sei, auch aus ökonomischer Sicht. Es halte es für spekulativ zu behaupten, dass in den nächsten Jahren viele Neuanschließer in der Stadt Häuser bauen werden. Da stehe doch ein Verband, der sich auf Gebühren fokussiere, wirtschaftlich viel sicherer da.
Rückblickend habe es sicher heftige Auseinandersetzungen zu dieser Problematik gegeben, aber dies müsse doch nicht bedeuten, auf ewig verfeindet zu sein. Er hoffe und gehe davon aus, dass eine faire und kritische Zusammenarbeit auch zukünftig in dieser Runde möglich sein sollte.
Herr Labod möchte an seine bisherigen Aussagen anknüpfen. Er halte nach wie vor einen Stopp der Beiträge für ungerecht und rechtswidrig. Zum einen gegenüber den Neu- und Altanschließern, aber auch dem Verband gegenüber, der mit den Rückzahlungen dann dem Ruin entgegenlaufen würde.
Grundsätzlich handele es sich bei der gesamten Problematik um eine Diskussion über öffentliche Abgaben und deshalb könne auch nur eine Empfehlung an den WAV gegeben werden. Man müsse sich hier an Recht und Gesetz halten. Bürgerschaftliche Beteiligung sei ein hohes Gut, dass man nicht beschädigen sollte. Bürgerschaftliche Mitentscheidung könne man gern bei anderen Fragen treffen, aber nicht, wenn es um öffentliche Abgaben gehe. Man sollte sich auf jedem Fall mit bestimmten Sachen des WAV noch einmal inhaltlich befassen, so z.B. mit den Verjährungsfragen, mit den Rückwirkungsfragen oder auch mit den Tiefenbegrenzungsproblemen der Grundstücke.
Herr Nickel sagt, dass die Themen sehr tiefgründig besprochen worden seien und man darüber auch abstimmen werde. Und egal wie, müsse es dann in eine Richtung weitergehen. Seiner Meinung nach gäbe es dann zwei Möglichkeiten: Sollte dem Antrag zugestimmt werden, dann sollte auch das Gebührenmodell eingeführt werden.
Sollte dem Antrag nicht zugestimmt werden, dann sollte es mit der Bildung einer Arbeitsgruppe weitergehen. Hinsichtlich der Bürgerbefragung sollte man eine Form finde, dass alle betroffenen Menschen der Stadt die Möglichkeit haben, sich mit der Sache zu beschäftigen und darüber abzustimmen. Er sähe da keine Probleme und halte dies für einen gangbaren Weg.
Herr Goral stimme dem zu, dass der Verband gut dastehe und zwar deshalb, weil er das gerechte Beitragsmodell praktiziere. Er stimme auch mit der Aussage überein, dass keiner mit der derzeitigen Situation zufrieden sei und deshalb sollte man fair und offen miteinander reden. Er begrüßt deshalb auch den Runden Tisch. Man müsse Kompromisse finden. Er könne sich z.B. vorstellen, im Bereich des Trinkwassers auf Gebühren umzustellen und im Bereich des Abwassers es bei den Beiträgen zu belassen (so wie in Panketal oder Mahlow). Darüber könnte man doch diskutieren. Er halte hier den Runden Tisch von Pfarrer Gericke für ein geeignetes Gremium.
Frau Richter ist erfreut darüber, dass man sich nun doch Schritt für Schritt etwas näher komme. Auch sie halte die Gründung eines Arbeitskreises für gut, da auch sie noch viele Fragen habe, bevor man eine Entscheidung treffe. Verwundert sei sie allerdings darüber, dass Herrn Neue nur ein Urteil reiche, um auf eine schnelle Entscheidung zu drängen. Sie schlägt vor, erst einmal alle offenen Fragen zu klären und dann zu schauen, welchen Weg man zukünftig weiter beschreiten wolle.
Herr Sloma gibt zu bedenken, dass diejenigen, die vor Jahren gezahlt haben und vorab keinen Widerspruch eingelegt haben, ihr Geld nicht zurückbekommen und das seien auch viele. Er sei grundsätzlich dafür, bei Neubau Beiträge zu erheben.
Herr Gemski erläutert anhand des Beispiels der Stadt Neuruppin, wie man dort hinsichtlich der Problematik einen Neustart vollzogen habe, der ganz gut laufe. Satzungen werden von Menschen geschrieben – dabei sei man an kein festes Gesetz gebunden. Eine Ungerechtigkeit werde bei dieser Thematik allerdings immer bleiben, nämlich die gegen die Mieter, denn Mieterhöhungen werden niemals zurückerstattet. Hier habe man auch zukünftig keine Chance auf eine Rückzahlung und deshalb sollte man auch den Prozess jetzt stoppen. Er verweist hier nicht nur auf die städtischen Vermieter, sondern auch auf die Privaten, die auf die Gelder der Mieter angewiesen seien.
Herr Hollmann erwidert, dass die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt zwar in den letzten Jahren Mieterhöhungen durchgeführt habe, aber nicht wegen der Altanschließerproblematik, denn das gebe das Gesetz nicht her. Mieten können lt. BGB nur erhöht werden, um sich der ortsüblichen Miete anzupassen. Sollte man sich jetzt tatsächlich für die Umstellung auf Gebühren entscheiden, müssen natürlich auch die Mieter mit den entsprechenden Gebührenerhöhungen konfrontiert werden. Fakt sei, dass die Mieter dagegen kein Klagerecht haben.
Herr Hollmann macht darauf aufmerksam, wie sich die wesentlichen Teile der Trinkwasser- und Abwassergebühren zusammensetzen (Betriebskosten, Personalkosten, Instandhaltungskosten, Investitionskosten usw.). Diese kalkulatorischen Kosten könne man z.B. positiv beeinflussen, indem man Beiträge gegenrechnet. Und dies war in den letzten 20 Jahren der Fall. Diese Gelder seien allerdings verbraucht und dafür gebe es auch keine Kreditfinanzierung. Demnach müssten die Kommunen diese Kosten übernehmen.
Abschließend stellt er die These in den Raum, dass nur Beiträge erstattet werden können, die auch geflossen seien.
Herr Gemski meinte vorhin nicht Neuruppin sondern Rheinsberg.
Wenn jemand ein Haus auf einem brachen Grundstück baut, so Herr Strese, und dort einen Abwasserkanal, Trinkwasserleitung etc. benötigt, müsse er für diesen Neuanschluss einen einmaligen Beitrag bezahlen. Dies sei auch gerechtfertigt, da er ja zukünftig diese Leitung mit nutze. Viele Leute haben ihre Zählerbeiträge schon über viele Jahre gezahlt. Er wisse gar nicht, wo das Problem liege, denn man könne doch nicht Alt- und Neuanschließer nochmal zur Kasse bitten. Auch er findet eine Arbeitsgruppe grundsätzlich gut, appelliert jedoch an alle, solche langen Prozesse den Bürgern nicht anzutun.
Von 18.55 Uhr – 20.05 Uhr erfolgt die Unterbrechung für die Einwohnerfragstunde.
Herr Strese knüpft an den Wortbeitrag von Frau Wunderlich-Marsing aus der Einwohnerfragestunde an und fragt sich, wer sein Vorhabenträger war. Das war nämlich die DDR und die ist insolvent.
Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, bittet Frau Gaethke um Abstimmung über Punkt 2 des Einwohnerantrages, da nur dieser als zulässig befunden wurde. Sie verliest den Beschlusstext:
"Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bernau bei Berlin weist ihre stimmberechtigten Vertreter in der Verbandsversammlung des WAV "Panke/Finow" an, die nachfolgend benannte Forderung zu beantragen und dieser zuzustimmen (§ 15 Abs. 4 GKG):
Umstellung des Beitragsmodells auf ein Gebührenmodell."
Es erfolgt die Abstimmung.
Abstimmungsergebnis: |
Ja-Stimmen: | 14 |
Nein-Stimmen: | 18 |
Enthaltungen: | 1 |
Stimmverhältnis: | mehrheitlich |
Ergebnis: | abgelehnt |