9.4 Unabhängige Fraktion - Resolution zur Einführung einer 10-H-Abstandsregel für Windkraftanlagen und gegen die Ausweisung von Waldgebieten als Windeignungsgebiete
Herr Vida weist vorab darauf hin, dass das H im Titel der Vorlage für Anlagenhöhe stehe und bittet die Diskussion erst nach der Einwohnerstunde zu eröffnen.
Frau Dr. Bossmann stimmt dem Wunsch zu.
Es erfolgt eine Pause. Im Anschluss findet bis 19.20 Uhr die Einwohnerfragestunde statt.
Um 19.21 Uhr wird mit dem Tagesordnungspunkt fortgefahren und die Diskussion eröffnet.
Herr Vida fasst nochmals alle Fakten und die Entwicklung der letzten Wochen zusammen. Demnach erwäge der Bundestag eine mögliche Einführung einer Abstandsregelung. Da die Brandenburger dies aber nicht wollen, wurde eine Volksinitiative gegründet, die derzeit Unterschriften dafür sammle. Er erläutert kurz die Ziele dieser Volksinitiative. So gehe es auch nicht nur um den Schutz der Wälder, sondern auch um den Umweltschutz insgesamt. Viele Kommunen haben sich deshalb schon einer solchen Resolution angeschlossen.
Er verweist darauf, dass der Liepnitzseewald in jeder Hinsicht gut genutzt werde und wenn man diesen nun als Windeignungsgebiet auswies und dadurch viele Bäume abgeholzt werden müssten, so müsse man dies, hinsichtlich der Folgen, mit großer Sorge betrachten. Genauso die Fläche in Ladeburg, die man ohne Mitwirkung von der Stadt einfach in Planung habe mit einfließen lassen. Somit seien auch viele Brut- und Nistplätze gefährdet. Und das Argument des Klimaschutzes könne er auch nicht gelten lassen, da bereits 120 % der erneuerbaren Energie in der Region abgedeckt seien. Und trotzdem plane man in Barnim eine Verdoppelung der Windkraftanlagen innerhalb der nächsten 10 Jahre an. Das Land Brandenburg verfüge derzeit über die zweithöchste Anzahl von Windkrafträdern im gesamten Land. Er nennt nochmals die Ziele der Resolution und verweist auf die stellungahme der Verwaltung. Er halte das Ganze im Übrigen auch für ein Täuschungsmanöver, da solche Höhen heute rein technisch gar nicht mehr möglich seien. Heute haben die Windräder eine durchschnittliche Höhe von 180 -200 m Höhe. Er plädiere abschließend nochmals dafür, hier ein Zeichen zu setzen. Viele Nachbargemeinden und Kommunen beschließen die Resolution und dies sollte auch hier überparteilich möglich sein.
Frau Dr. Bossmann informiert über die Abstimmungsergebnisse aus den Ausschusssitzungen.
Würde man sich in einem Antrag gegen Windkrafträder aussprechen, wäre seine Fraktion dabei, so Herr Rehmer. Aber nur aus energetischer Sicht nicht. Er reicht einen Kartenauszug herum, wonach ersichtlich sei, dass kaum noch Flächen übrig blieben, würde sich 10 h Abstand wirklich durchsetzen. Es sei zwar richtig, dass das Land Brandenburg über viel Fläche verfüge, aber auf vielen sei dies einfach nicht machbar.
Er zeigt zur besseren Veranschaulichkeit eine zweite Karte, die aufzeigt, welche Flächen des Liepnitzseewaldes für die Errichtung der Windräder vorgesehen seien. Seine Fraktion stehe für die Energiewende und deshalb werde sich auch ein Teil gegen die Vorlage aussprechen. Man müsse die Waldgebiete differenzieren z.B. nach biologischer Vielfalt, Erholungswald oder Monokulturwälder. Er verweist darauf, dass man bei der Energiestrategie der Landesregierung mit Sicherheit auch einige Sachen kritisch betrachten könne. So z.B. ob man wirklich so viel Energie in der Region benötige. Aber hier gehe es auch um den Kohleausstieg und da sei Wind nun mal die beste Alternative.
Dem schließt sich Herr Dyhr an. Es müsse auch Strom produziert werden. Wer gegen alternative Energie sei, sei für Braunkohle und Atomkraft. Als Beispiel für die Verunreinigung der Natur habe er eine Probe der "braunen Spree" mitgebracht und erläutert anhand von Werten, wie es zu der Verunreinigung des Wassers durch Braunkohle komme. Er könne dem Antrag auch keine Problemlösung entnehmen, welche Stromlieferungsalternativen es gibt. Er werde dem Antrag nicht zustimmen.
Herr Keil macht darauf aufmerksam, dass, egal ob Gaskraftwerk oder Steinkohlekraftwerk, der Strom für das ganze Land produziert werde und nicht nur für die Region.
Und wenn man für den Atomausstieg sei, dann müsse man sich auch dem bewusst sein, dass dies teuer werde und auch Nachteile mit sich bringe. Man sollte regionale Planungsgemeinschaften gründen und denen die Entscheidungen überlassen. Es könne doch nicht sein, dass hier jeder Betroffene ein Vetorecht bekommen solle. Denn dann werde es gar nichts mehr geben. Wolle man eine Resolution, weil man für gar nichts mehr zuständig sei? Er sagt nein zu dieser Resolution.
Herr Neue äußert seinen Unmut über die Zerstörung der schönen Landschaft für eine Industriebrache. Seine Fraktion fordere dazu auf, mit allen geeigneten Mitteln dagegen zu protestieren. Er mache die regierenden Parteien für die skrupellose Zerstörung des Lipnitzseewaldes verantwortlich. Man gebe sich hier alle Mühe, die Heimat lebensunwert zu machen. Es gebe für den Zitterstrom z.B. an den Autobahnen genug Alternativen. Man müsse die Landesregierung fragen, warum Biotope kaputt gemacht werden, um Bayern preiswerten Strom zu liefern. Brandenburg sei in vielen Sachen das Schlusslicht. Aber bei der Zerstörung der heimischen Natur, sei man an der Spitze. Er verdeutlicht dies an Zahlen und Fakten.
Man müsse sich auch bewusst sein, dass die geplanten Windkraftanlagen den Gesundheitsstandort Brandenburgklinik schwer schädigen würden. Denn wer wolle an einem Industriestandort rehabilitiert werden? Er appelliere deshalb daran, alle Möglichkeiten zu nutzen, damit nicht eines der anmutigsten Waldgebiete in Brandenburg zerstört werde. Er zitiert die Leiterin der regionalen Planstelle (Frau Claudia Hinze), die sich eindeutig zum Schutz der Wälder bekenne. Abschließend zeigt er nochmals sehr emotional seinen Unmut über Zerrstörung der Natur aus Profitgier.
Herr Stahl bittet um Sachlichkeit, da das Thema eine ernsthafte Debatte verdient habe. Man sollte auch anstelle von Böswilligkeiten, lieber sachlich Argumente austauschen und auch andere Meinungen respektieren.
Dies könne Frau Dr. Bossmann nur unterstützten.
Frau Dr. Enkelmann schließt sich dem an und erinnert daran, dass es hier aber nicht nur über den Liepnitzseewald gehe, sondern auch um erneuerbare Energie für die Stadt. Die städtischen Gesellschaften seien hier schon sehr aktiv. Sie selber halte die vorgeschlagene Abstandsregelung eher für unrealistisch. Sie habe immer betont, gegen die Nutzung von Wald und Windkraftanlagen zu sein. Sie finde aber auch, dass das Land Brandenburg sehr weitflächig sei und dies noch zu wenig genutzt werde. Verschiedene andere Kommunen seien da schon sehr viel weiter. Inzwischen habe sich auch hinsichtlich der seinerzeit ausgewiesenen Windeignungsgebiete, viel getan und entwickelt, so dass eine Nutzung heute oft nicht mehr möglich sei. Und genau deshalb habe die Landesregierung beschlossen, die Wälder mit heranzuziehen. Auch wenn sie dies für eine vorschnelle Entscheidung halte. Man hätte sich lieber Alternativen überlegen sollen. Im Übrigen hätte man schon längst aus der Kohle aussteigen können, da man in der Lage sei, Strom zu exportieren. Und um den Umstieg auf erneuerbare Energie zu vollziehen, bedarf es eines Energiemixes. Sie könne somit mit Punkt 2 des Vorschlages mitgehen.
Herr Nickel stellt den Geschäftsordnungsantrag auf das Ende der Rednerliste, da man hier über Dinge spreche, die man eh nur indirekt beeinflussen könne und sich hier schon Meinungen gebildet haben.
Herr Dr. Maleuda spricht sich gegen den Antrag auf das Ende der Rednerliste aus, da er selber noch als Betroffener von seinen Erfahrungen berichten möchte.
Es erfolgt die Abstimmung über das Ende der Rednerliste:
Ja-Stimmen: 15; Nein-Stimmen: 13, Enthaltungen: 4 – angenommen.
Herr Sauer sei Herrn Vida dankbar für dieses Thema, da es auch viele Bürger bewege. Er sei für die Resolution und wünsche sich ebenfalls mehr Sachlichkeit bei der Diskussion. Es gehe hier auch nicht nur um die Verschandlung der Natur, sondern auch darum, wie der Strom transportiert werde, also auch um den Bau von Leitungen oder die Heranführung an Haupttrassen. Und deshalb sei auch dieser Aspekt sehr wichtig, da er ebenfalls den Wald betreffe, wenn dafür z.B. weitere Bäume fallen. Hinsichtlich der Braunkohlproblematik dürfe man auch nicht die vielen Menschen in die Ecke schieben, die dort beschäftigt seien und diese auch nicht für das Klima verantwortlich machen. Auch diese Menschen seien es Wert, über ihr Schicksal zu sprechen. Hier werde viel eher falsche Politik betrieben. Einen Strukturwandel werde es da nicht geben. Man müsse sich auch die Frage stellen, was in einer windstillen Nacht passiere.
Auch die Speichertechnik müsse noch optimiert werden. Aus diesen Gründen haben sich auch andere Landkreise dagegen ausgesprochen. Er würde der Resolution zustimmen, habe aber auch Verständnis für die, die nicht dafür seien.
Zur Einführung der erneuerbaren Energie, möchte er nur als Beispiel nennen, dass die Geschäftsführung der Stadtwerke sich schon lange um Photovoltaikanlagen bemühen, dies aber nicht im Gemeindewohl und damit nicht möglich sei. Mehr könne er als Aufsichtsratsmitglied dazu nicht sagen.
Herr Dyhr könne hinsichtlich der Speichertechnologien sehr wohl bestätigen, dass es diese schon gäbe, so z.B. zu sehen am Flughafen Werneuchen. Es sei auch nicht mehr so, dass die Windräder bei Windstille nicht mehr laufen, da durch die hohen Masten immer ausreichend Wind gewährleistet sei. Und auch wenn es leider durch die Windräder zu Verlusten von Fledermäusen und Vögelnkomme, solle man doch nur mal überlegen, wie viele Tiere auf den Autobahnen sterben. Deswegen komme aber keiner auf die Idee, diese zu schließen.
Herr Mischewski, Ortsvorsteher von Birkholzaue, ist gelernter Energiewirtschaftler. Er halte es für absoluten Unsinn, dass man keine Braunkohle mehr wolle. Und hinsichtlich der Speicher müsse man sich fragen, wo der Strom herkomme – nämlich als Atomstrom von der Tschechei und Frankreich. Deutschland hingegen liefere Europaweit Windstrom. Man könne nicht nur allein durch Windräder und Photovoltaikanlagen das Stromnetz halten. Er weist daraufhin, dass die Stadt am Grünstrom beteiligt sei. Im Übrigen könnten Gaskraftwerke gar nicht bezahlt werden. Er berichtet von den negativen Auswirkungen der vorhandenen Windräder in Birkholzaue und fordert Lärmmessungen, die über ein Jahr gehen und von den Windparkbesitzern bezahlt werden. Die Stadtverordneten sollen dies bitte mit unterstützen. Sollte bei den Messungen überhöhte Werte festgestellt werden, dann sollten die Räder als Konsequenz stillgelegt werden. Er bittet darum, den Antrag dahingehend zu erweitern, in allen betreffenden Wohngebieten solche Messeinrichtungen aufzustellen und bei erhöhten Werten auch ärztliche Gutachten hinzuzuziehen. Auch sollte das blinkende Warnlicht der Räder so eingestellt werden, dass es nicht permanent leuchtet, sondern nur bei Flugzeugen.
Herr Vida findet es nicht in Ordnung, dass die Betroffenen hier nicht mit entscheiden dürfen. Es sei auch nicht so, dass er mit diesem Antrag Braunkohle oder Atomkraft unterstütze. Und es sei auch nicht zutreffend, dass derartige Beschlüsse rechtswidrig seien, denn schon eine Vielzahl von Gemeinden hätten bereits einen wortgleichen Beschluss gefasst und nicht ein einziger sei von der Kommunalaufsicht beanstandet worden. Es gehe hier einzig und allein um den Anliegerschutz, insbesondere um den Schattenschlag, die Geräuschebelastung, die Infraschallbelastung bzw. um das generelle Ortsbild ländlicher Siedlungstypen. Er wiederholt, dass man bereits mit Abstand über die höchste Anzahl von Anlagen verfüge und hier ein Bestandsschutz gelte. Der Antrag solle aber selbstverständlich auch zu einer zahlenmäßigen Reduzierung der Anlagen führen. Was ihn erstaunt habe, war, dass den Planern offensichtlich nicht bekannt gewesen sei, dass es eine Bundesrichtlinie gäbe, die die Errichtung von Windkraftanlagen im Mischwald ausschließe.
Und zum energetisch wirtschaftlichen Nutzen habe man sich ebenfalls große Gedanken gemacht und diesbezüglich eine intensive und ausführliche Anfrage an die Landesregierung gestellt. Er zitiert einige Punkte aus der erfolgten Antwort, wonach die meisten Fragen überhaupt nicht beantwortet werden konnten oder man die Notwendigkeit zur Untersuchung der Wirtschaftlichkeit gar nicht erst gesehen habe. Es liegen also nicht einmal gesicherte Zahlen oder die Bereitschaft für entsprechende Recherchen vor.
Er könne somit auch den Ergänzungsantrag von Herrn Mischewski verstehen, diesen jedoch so nicht mit darin berücksichtigen.
Und aus all diesen Gründen appelliere er nochmals daran, zu dieser Sache zu stehen und bittet um getrennte Abstimmungen.
Herr Dr. Maleuda berichtet von seinen persönlichen Erfahrungen als Betroffener, da er ca. 1500 m von einem Windpark wohnt. So habe er beim letzten starken Wind mal eine Lärmmessung über sein Handy aktiviert und sei auf einen Wert zwischen 60 und 68 Dezibel. Deshalb habe er, sowie auch die anderen Betroffenen keine Verständnis für die vorgetragenen Argumente und politischen Ambitionen. Er sei sogar für eine 20 h Lösung. Er könne der Vorlage nur voll zustimmen.
Es erfolgt die Abstimmung über den Antrag zu Einzelabstimmungen:
Ja-Stimmen: mehrheitlich; Nein-Stimmen: 2, Enthaltungen: 2.
Im Anschluss erfolgen die Einzelabstimmungen mit folgenden Ergebnissen:
Abstimmung über Satz 1: Ja-Stimmen: 17; Nein-Stimmen: 16; Enthaltungen: 2 – zugestimmt
Abstimmung über Satz 2: Ja-Stimmen: mehrheitlich; Nein-Stimmen: 2; Enthaltungen: 5 – zugestimmt
Abstimmung über Satz 3: Ja-Stimmen: mehrheitlich; Nein-Stimmen: 3, Enthaltungen: - zugestimmt
Herr Sauer habe Zweifel an der Auszählung zur Abstimmung über Satz 1, da das Stimmenverhältnis größer ist, als die der anwesenden Stadtverordneten und stellt deshalb den Geschäftsordnungsantrag auf eine erneute Abstimmung über Satz 1 des Beschlussvorschlages.
Der Antrag wird mehrheitlich angenommen und es erfolgt noch einmal eine Abstimmung über Satz 1: Ja-Stimmen: 16; Nein-Stimmen: 16; Enthaltungen: 2 – abgelehnt.
Im Anschluss erfolgt die Gesamtabstimmung über die nunmehr geänderte Vorlage (ohne Satz 1).
Abstimmungsergebnis: |
Stimmverhältnis: | einstimmig ohne Ja-Zählung |
Ergebnis: | angenommen |